Von Ramakrishna, der sich ganz der Liebe hingab, wird berichtet, dass er es nicht vermochte, die kleinste mathematische Aufgabe zu lösen, und dass er ohne die Fürsorge seiner Schüler nicht imstande gewesen wäre zu überleben. Sicherlich ist die Liebe die Essenz des Universums und vielleicht die höchste aller Schwingungen, aber in unserer Welt bedürfen wir auch der anderen uns gewährten Kräfte, um in ihr bestehen und sie mitgestalten zu können. Manchmal sollte die Liebe auch widersprechen, wenn jemand offensichtlich im Begriff ist, einen Fehler zu begehen, der ihn oder andere schädigt; hier kann die Weisheit der Liebe hilfreich beistehen, die entscheiden kann, welche Handlung das Wohl aller Beteiligten am besten mehren kann.

Weisheit ohne Liebe kommt irgendwann zum Stillstand, da die tiefsten Wahrheiten sich einem lieblosen Geist verschließen, und Liebe ohne Weisheit mag Dinge tun, die man im nachhinein bereuen könnte. In tätiger Form blüht die Liebe auf, denn sie wird ja von etwas anderem bewegt, dem sie sich nähern möchte, das mag ein Mensch sein, eine Idee, ein Wunsch oder das Konzept des eigenen zukünftigen Lebens. In Liebe gehüllte Weisheit verhält sich ähnlich, wohingegen lieblose sog. Weisheit in tatenlosen Skeptizismus versinken mag.

Freudvolle, das Gemeinwohl mehrende Tätigkeit darf als Indiz dafür angesehen werden, dass Liebe und Weisheit erfolgreich zusammenarbeiten, und jeder einzelne Aspekt wird von einer harmonischen Kooperation seinen Nutzen ziehen zum Segen der gesamten Persönlichkeit, die sich in solch einem Klima gut entwickeln kann.

Bei Jakob Lorber (Johannes Bd.7 Kap.20) gibt es zu unserem Thema eine interessante Stelle, dort heißt es , es gebe sieben Hauptkräfte im Menschen, nämlich Liebe, Weisheit, Wille oder Tat, Ordnung, Ernsthaftigkeit, Geduld und schließlich, gewissermaßen als Tochter der Geduld, die Barmherzigkeit, die in sich Sanftmut, Fürsorge, Mildtätigkeit und Freigiebigkeit enthalte. Wer diese Kräfte in Harmonie sich entfalten lasse, könne seine Entwicklung optimal vorantreiben, dabei gebühre der Barmherzigkeit allerdings eine einzigartige Sonderstellung, denn wer sie ausbilde, stärke und entwickle damit gleichzeitig alle anderen Kräfte, die erst durch sie ihre Vollendung erlangen könnten.

Mögen wir diesem schönen Gedanken folgen, können wir vielleicht ermessen, welch ein großes Geschenk wir uns selber machen, wenn wir barmherzige Liebe in uns kultivieren; sind wir bamherzig zu uns selbst, sind wir es auch zu anderen, und dann werden wir fest daran glauben, dass auch die Hüterinnen und Hüter der kosmischen Weiten diesem Prinzip verpflichtet sind; diese Ausrichtung öffnet die Pforten, die uns von der Annahme der Gnade trennte, denn Barmherzigkeit hat ja selbst etwas Gnadenhaftes. Barmherzigkeit und Gnade sind die Energieressourcen des Universums, die uns in das Fahrwasser der Liebe hineinnavigieren können; denn wie sollten wir Liebe lernen, wenn sie nicht von Anfang an als gnadenvolles und barmherziges Geschenk in unsere Wiege gelegt worden wäre, das wir allerdings auch anzunehmen bereit sein sollten.

Wenn wir nun begonnen haben, unsere Kräfte harmonisch zu entwickeln, fühlen wir uns stark genug, endlich aufzubrechen, um den Heiligen Gral zu suchen.