Auf der Suche nach dem Heiligen Gral

Wenn wir "Die Nebel von Avalon" zugrunde legen, initiierte König Arthurs Halbschwester Morgana le Fay, die letzte Hohepriesterin von Avalon, die Gralssuche, indem sie auf Camelot ein heiliges Gefäß der keltischen Religion erscheinen ließ; in den Augen vieler Anwesender leuchtete sein Inhalt wie ein Stern, es besaß unbeschreibliche, nie erlebte Anziehungskraft, sodass, als es verschwand, sich viele Ritter aufmachten, es zu suchen. Sie verließen Frau und Kind, Haus und Hof, König und Camelot, um dem Hl. Gral, wie sie das Ziel ihrer Suche nannten, zu finden. Viele zogen aus, aber nur wenigen war Erfolg beschieden.

Das Thema der Gralssuche ist durch die Jahrhunderte lebendig geblieben. Es hat Dichter und Musiker inspiriert, und es gab immer Menschen, die sich davon tief berühren ließen.

Kann diese alte Geschichte, von der viele behaupten, sie sei nur erdichtet, unser heutiges Leben bereichern und erhellen?

Alles was war, ist und sein wird, kann man als ein Offenbarwerden der schöpferischen Kraft deuteten, die das Universum erfüllt, trägt, entwickelt und erweitert, die nie begonnen hat und niemals endet. Sie ist auf unterschiedlichsten Schwingungsebenen tätig, hat ein Haus mit vielen Räumen geschaffen, von denen wir vielleicht drei, vier oder fünf bewohnen. Wir sind aufgerufen, diese Schöpfungsräume zu studieren, um die Gesetzte der kreativen Kraft außerhalb von uns zu ergründen und um zugleich das in uns angelegte Potential des Schöpferischen zu entwickeln, gleich dem Genie, das seine eigene Schöpferkraft fördert, wenn es sich mit genialen Werken anderer auseinandersetzt. Schöpfertum und freier Wille gehören zusammen, beides sind große Geschenke an uns, mit denen man sorgsam und vorsichtig umgehen sollte. Wir sind Auszubildende in Sachen Schöpferkraft, und wir bestimmen letztlich selbst, welche Perspektive wir einnehmen und welche Position wir bekleiden können. Hier ist es angebracht, einige Regeln zu beachten, die sich als entwicklungsfördernd erwiesen haben und die auf Erfahrungen vieler Leben fußen.

Wir sollten stets bereit sein, unsere Perspektive zu erweitern, in dem wir in liebevoller Weisheit die physischen, moralischen und geistigen Zusammenhänge des Kosmos erforschen; die Weisheit ist die Nahrung der Liebe, die wiederum erst die Tiefe der Weisheit ermöglicht, denn Weisheit ohne Liebe kommt zum Stillstand, sie vermag die tiefsten Geheimnisse nicht zu ergründen, und der Liebe ohne Weisheit fehlt die Klugheit, sie verliert die Selbstliebe aus den Augen.

Darauf aufbauend entwickeln wir uns besonders gut, wenn wir nur solche Handlungen ausüben, die das Wohl und die Interessen  möglichst aller Beteiligter in Gleichrangigkeit berücksichtigen, ohne uns selbst zu vergessen; dadurch fördern wir die Harmonie der Allgemeinheit und schaffen ein Klima, das geeignet ist, bisher nicht gelebte Potentiale unseres Wesen zu integrieren. Egoismus dagegen, genährt durch Eigenschaften wie Neid, Habgier und Eifersucht, stößt sowohl die anderen Menschen als auch die feineren Teile unserer Individualität zurück, ihre anfängliche scheinbare Stärke erweist sich als Schwäche.

Wenn wir auf dem skizzierten Wege der Harmonie von Weisheit, Liebe und positiver persönlicher Macht, die wir annehmen und leben sollten, uns befinden, kann es sein, dass wir mehr und mehr die Erfahrungsräume der tradierten religiösen Systeme neu interpretieren, um unseren eigenen Glauben zu entwickeln, der sich aus der spezifischen Individualität unserer großen Seele ergibt, die ja einzigartig und einmalig ist, ein Kind des Schöpferischen, berufen, selbst schöpferisch zu sein, beauftragt, die Möglichkeiten des Schöpferischen zu erweitern. Wenn unser seelisches und geistiges Potential immer mehr im Gefäß unseres Körpers heimisch wird, kann er aufgrund seiner Ausstrahlung eines Tages anfangen zu leuchten, zumindest im bildlichen Sinne.

So mag die Suche nach dem Hl. Gral die Suche nach sich selbst, der eigenen großen Seele sein, die Suche nach dem Schöpferischen, der Quelle allen Seins, dem Innersten des Inneren, und auch die Suche nach dem ureigenen Glauben.

Die Essenz des Schöpferischen ist außen und innen, und wir können sie außen nur aufspüren, wenn wir sie in unserem eigenen Herzen entdeckt haben; deshalb werden wir den Hl. Gral in den weitesten Fernen des Erdenrunds nur finden können, wenn wir parallel dazu den Weg zum Innersten des eigenen Herzens zu gehen bereit sind:

Dann könnten wir allerdings auch zu Hause bleiben!