Wo doch vieles sich wandelt, ist es da als Zeichen besonderer Stärke zu werten, etwa mit 50 genau den gleichen Glauben zu besitzen wie mit 25? Steht er abseits des Lebens, hat er nichts mit ihm zu tun, kann man ihn an Fachleute deligieren, die ihn verbindlich festlegen, die ein theoretisches Gebäude errichten, in dem alles seinen Platz findet, nur nicht die Lebendigkeit, die zu Überraschungen führen könnte?

Wer kennt schon alle Details seiner Religion(en) und falls doch, wem sind alle gleich wichtig? Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie sie zu interpretieren sind. Es gibt sicherlich kaum einen Aspekt, der nicht kontrovers diskutiert würde. Der Blick von außen auf eine Glaubensgemeinschaft, der Homogenität vermuten läßt, täuscht in der Regel, da die Unterschiede in ihr mitunter kaum geringer ausfallen als die zwischen Religionen.

Dem lebendigen Glauben wohnt die Tendenz zur Vielfalt inne. Aber wie sollte es auch anders sein, da es der unendlichen Schöpferkraft gefiel, jede Seele individuell zu gestalten, da sie so großzügig verfuhr, mehr als eine Landschaft oder Hautfarbe zu kreieren, mehr als ein Klima oder Lebewesen, mehr als eine Kunst oder Wissenschaft, mehr als eine Sprache oder Epoche? So dürfen wir vermuten, dass die Vielfalt, ein Ausdruck schöpferischen Reichtums, sie erfreut.